Stand: Kommentare Drucken Teilen. Ihre Väter waren Sextouristen, ihre Mütter sind Prostituierte. In den Slums, in denen sie leben, werden sie behandelt wie Aussätzige. Eine Reportage von den Philippinen. Von Wolfgang Bauer. Der Junge hält sich das Bild ganz nah vor die Augen. Das Foto zeigt einen Fremden. Der Hals ist dürr und faltig. Die Brille hängt schief auf der Nase, trunken stiert der Mann zum Bildrand hinaus. Wie eine Puppe hält er eine zierliche Filipina im Arm, in Slip und knappem BH, auch sie schaut ins Leere. Die Kinder in der philippinischen Provinz rufen ihn "den Milchfisch". Er ist dem Mann auf dem Foto nie begegnet, und doch ist ihm der Mann vertraut. Noch einen Moment hält der Junge das Bild in den Händen, den Kopf schief gelegt, nachdenklich, bevor es seine Mutter wieder wegsperrt, in einen Koffer mit Vorhängeschloss. Eine Generation wächst in Asien heran, die ist wie eine Art globaler Betriebsunfall, zu Zehntausenden gezeugt in der kürzest möglichen Begegnung von Mann und Frau. Der Sextourismus hinterlässt in Thailand, Kambodscha und auf den Philippinen nicht nur Tripper und Syphilis. Sie sind die, "die aus dem Bambusrohr gepresst wurden". Noriels Mutter ist auf dem Sitz des Linienbusses in sich zusammengesunken, im Rhythmus der Schlaglöcher prallt ihr Kopf gegen die Fensterscheibe. Nida Quintana, 32, will ihre beiden Söhne besuchen, die bei Pflegeeltern auf dem Land wohnen. Alle zwei Wochen unternimmt sie die zweistündige Reise. Sie ist betrunken. Fast hätte sie morgens die Abfahrt verpasst. Quintana arbeitet in einer Bordellbar in Angeles City, der philippinischen Huren-Hochburg. Club reiht sich dort an Club, Neon überstrahlt das Elend. In manchen Etablissements verdingen sich Frauen in drei Schichten. Bis um sechs Uhr morgens hat ein Brite Noriels Mutter zum Trinken angehalten. Acht Bier. Nie Wasser, klagt sie. Dann lachen sie. Die Haare Mit Huren Ein Kind Gezeugt sie sich vorher noch gewaschen, um für die Kinder nicht mehr nach dem Rasierwasser des Briten zu riechen. Sie hat sich Puder ins Gesicht gestäubt, damit sie nicht so grau aussieht. Als sie im Dorf der Pflegeeltern aus dem Bus steigt, mit lila Top und Pferdeschwanz, drehen sich die Alten nach ihr um. Reisbauern wie die meisten hier. Dann sieht sie die Kinder, aus ihren halb zugeschwollenen Augen. Der elfjährige Noriel, Sohn eines Amerikaners, und der sechsjährige Brian, der von einem Franzosen abstammt. Dem Ältesten sagten die Pflegeeltern, er solle das T-Shirt mit dem Werbelogo von Mutters Bordell anziehen. Die Brüder lassen sich kurz von der Mutter drücken, bald wenden sie sich ab. Sie wollen nicht weinen. Die Jungen wissen, ihre Mutter arbeitet hart. Was das genau bedeutet, ahnen sie nur. Noriel verbietet dem Jüngeren zu klagen. Ihr gehört nicht hierher. Ihrer Mutter erzählen sie davon nur selten.
Sein Vater, ein Deutsch-Amerikaner, trägt Sonnenbrille und Bierflasche vor dem Bauch. Rights and Permissions. Dem Ältesten sagten die Pflegeeltern, er solle das T-Shirt mit dem Werbelogo von Mutters Bordell anziehen. Dann lachen sie. Statt der Taufe gab es das Ritual der «Namensgebung». Die Suche nach den Vätern und ihren Schattenfamilien werde auch nach 70 Jahren teilweise politisch erschwert:.
Er ist Australier, um die 60, er reiste alle paar Monate nach Angelest und kaufte sich mehrere Nächte mit Priscilla Allego. Quintana durchlebt sie mit Qualen. Acquisition Editors. Dem Vater ihrer Tochter hastet Priscilla Allego, 20, auf der Amüsiermeile hinterher. Ihr Tod zerriss die Familie, die Mutter zog in den Schlafsaal des Bordells, die Kinder gab sie fort. Gebt acht, ihr vom Haus Israel! Daher wird ein Eroberer ins Land kommen und ihre Äcker vernichten. In der Hütte gegenüber wohnt die jährige Richel Yu mit ihrem zweijährigen Sohn. Ich möchte eigentlich wissen, wo habe ich denn die andere Hälfte her, wo sind meine Wurzeln. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Neue Zürcher Zeitung ist nicht gestattet. Unangenehm für die Lebensborn-Kinder, dass sich die Öffentlichkeit bis heute weitgehend unbelehrbar zeigt. Am Anfang steht der Schrecken. Das kann so weit gehen, dass ihnen scheinbar Wohlwollende raten, mit den Umständen ihrer Geburt besser hinter dem Berge zu halten. Die Jungs wissen, ihre Mutter arbeitet hart. Diverse Journalistenpreise. Nach dem Tod ihres Ehemannes zieht Beila in die Nähe von Czernowitz. Einen Sommer lang gibt sie sich dort ihrer wilden Liebe zu einem jungen Deutschen hin, dann wird sie schwanger. Als sie im Dorf der Pflegeeltern aus dem Bus steigt, mit lila Top und Pferdeschwanz, drehen sich die Alten nach ihr um, Reisbauern wie die meisten hier. Um 16 Uhr hat sie wieder in Angeles zu sein. Hier nährt die Prostitution die Prostitution, womit die Mütter der heutigen Huren begannen. Die Toten durchdringen nachts das Dorf, wie es morgens der giftige Schleier der Müllfeuer tut. Products Books Journals Reference Works Primary source collections COVID Collection. Noriel verbietet dem Jüngeren zu klagen. Vier Monate ist es her, seit sie von ihr aufs Land geschickt worden sind. Eine echte Aufarbeitung und damit auch Integration der Kinder gelang aber erst langsam in den späten er Jahren, als die Feinde von einst zu neuen politischen Freunden wurden. Das zeigen Studien US-amerikanischer Stiftungen, die sich um die Kinder von GIs kümmern. Die meisten Hurenkinder bleiben es, auch als Erwachsene. Offices Worldwide. Sie werden beschimpft als "Russen-Bankert", als Kind einer "Ami-Hure", als "Franz Gockel". Die Rückverwandlung von der zweifachen Mutter zur Hure beginnt. Besonders schwer haben es die Nachkommen von Afroamerikanern. Nida Quintana, 32, will ihre beiden Söhne besuchen, die bei Pflegeeltern auf dem Land wohnen. Brian hat nachts mit dem Zähneknirschen begonnen, ein Schleifen wie von Mahlsteinen, so laut, dass es die anderen weckt. Die Brille hängt schief auf der Nase, trunken stiert der Mann zum Bildrand hinaus. Ich liebe dich, weil du mein Vater bist.